Soziale Kompetenz
Was ist "soziale Kompetenz"?
...nonverbale und verbale Ausdrucks- und Kommunikationsfähigkeit,
Einfühlungsvermögen, Zuhören können,
Selbstsicherheit,
Kontaktfreudigkeit, Beziehungsfähigkeit,
optimistische Lebenseinstellung,
Interesse am anderen...
...Nein-sagen-können,
Komplimente machen und annehmen können,
Kritik äußern und mit ihr umgehen können,
Gespräche beginnen, aufrechterhalten und beenden können...
Durch eine Reihe von gesellschaftlichen und technologischen Veränderungen gewinnt soziale Kompetenz sowohl in der Arbeitswelt, als auch im privaten Bereich zunehmend an Bedeutung. Soziale Kompetenz rückt in vielen Berufen neben Fachkompetenz in den Mittelpunkt der Arbeitsanforderungen.
Der Begriff soziale Kompetenz umfasst einen weiten Bereich menschlichen Verhaltens, über den es wenig gesichertes Wissen gibt. Diese unzureichende Forschungslage drückt sich unter anderem in der Komplexität und Unschärfe des Schlüsselbegriffs „soziale Kompetenz“ aus.
Die psychologische Literatur zu sozialer Kompetenz spiegelt die Entwicklung und das Bestehen verschiedener Schulen der Psychologie und Menschenbilder wider.
Ich arbeite mit einer Definition sozialer Kompetenz, die aus dem Kompetenz-Ansatz entstanden ist und sowohl das Individuum, als auch die Umwelt und deren Wechselwirkungen betrachtet: Ein Individuum handelt dann sozial kompetent, wenn es eine soziale Situation effektiv meistert, d.h. wenn die Person adäquat auf Situationen reagieren kann (vgl. Wine & Smye, Social Competence, 1981).
Soziale Kompetenzen im Beruf
Im Folgenden sind die wichtigsten Erkenntnisse aus meinem Forschungsprojekt "Soziale Kompetenzen im Beruf: Eine Analyse der Arbeitnehmerperspektive" (gefördert durch die Arbeitkammer Oberösterreich) zusammengefasst. Der gesamte Abschlussbericht zum Projekt "Soziale Kompetenzen im Beruf: Eine Analyse der Arbeitnehmerperspektive" kann als pdf heruntergeladen werden.
In diesem Projekt beschäftigte ich mich im Jahre 2001 mit kritischen sozialen Situationen im Beruf und mit Vorstellungen von Kundenberaterinnen und Kundenberatern über soziale Kompetenzen im Beruf. Als Anwendungsgebiet für das Projekt diente der Dienstleistungsbereich, im speziellen die Finanzdienstleistung.
Nachdem die wissenschaftliche Literatur zum Thema soziale Kompetenz ausgewertet und soziale Kompetenz als berufliche Anforderung, vor allem unter arbeitspsychologischen Gesichtspunkten, betrachtet wurde, wurde eine empirische Untersuchung mit verschiedenen Interviewtechniken (zwei Teilprojekte) zu folgender Fragestellung durchgeführt:
Welche Situationen im Kundenkontakt fordern besonders die soziale Kompetenz der Kundenberaterinnen und Kundenberater heraus, und welche sozialen Kompetenzen benötigen Kundenberaterinnen und Kundenberater, um diese Situationen adäquat und effektiv zu bewältigen?
Hauptergebnisse der empirischen Studie sind, dass sich die sozialen Kompetenzen in konkreten Beratungssituationen in drei Gruppen einteilen lassen:
- Fähigkeiten zur Beziehungsgestaltung,
- Fertigkeit der Gesprächsführung (inklusive der ehrlichen Einstellung gegenüber dem Kunden) und
- Fähigkeiten, sich auf externe Faktoren (wie schwerwiegende Lebensereignisse des Kunden, Unvorhergesehenes) einstellen und damit umgehen zu können.
Kundenberaterinnen und Kundenberater schätzten ein, dass sie eine kritische Situation durch Fähigkeiten in einem der drei Bereiche gut bewältigen konnten bzw. durch Defizite in diesen Bereichen eine kritische Situation wirklich zu Misserfolg führte.
Es zeigte sich, dass bestimmte Grundfaktoren der Persönlichkeit bedeutsam für die Vorstellungen von sozialer Kompetenz im Beruf für die Kundenberaterinnen und Kundenberater sind. Konstrukte (d.h. Begriffe, die Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Kundenberatern beschreiben), die sich den Charaktereigenschaften Extraversion, emotionale Stabilität, Ich-Stärke und Gewissenhaftigkeit zuordnen lassen, machten den größten Teil der Nennungen sozialer Kompetenzen aus. Darüber hinaus gab es eine große Anzahl an Konstrukten, die sich auf Einstellungen gegenüber Mitmenschen und Wertvorstellungen beziehen wie die Wertschätzung von Mitmenschen, Ehrlichkeit oder Identifikation mit der Arbeit.
Die Bewertung eines semantischen Differentials ergab, dass eine sozial kompetente Kundenbetreuerin bzw. ein sozial kompetenter Kundenbetreuer:
- kontaktfreudig, gesellig,
- selbstsicher, durchsetzungsfähig und eigenständig,
- aufgeschlossen für Neues,
- hilfsbereit,
- diszipliniert, gewissenhaft, verantwortungsbewusst,
- belastbar und ausgeglichen sein,
- viel Menschenkenntnis und Wissen über zwischenmenschliches Beziehungen haben,
- Rhetorik und Gesprächsführung beherrschen
- und mit sich selbst sehr zufrieden sein sollte.
Die Erlernbarkeit sozialer Kompetenzen und die Umsetzung in Schulungen, Trainings, Curricula und Personalauswahl wurde im Abschlussbericht betrachtet. Die Ergebnisse wurden im Hinblick auf eine grundlagentheoretische Fundierung des Begriffs der sozialen Kompetenz diskutiert mit dem Ergebnis, dass soziale Kompetenz als wissenschaftliches Konstrukt sehr schwierig zu fassen ist. Es konnten einige Alternativen aufgezeigt, wie man das Konstrukt mit mehreren wissenschaftlich bereits abgesicherten Konstrukten zumindest teilweise ersetzen kann.
Seminare zu sozialer Kompetenz
Seit vielen Jahren halte ich für unterschiedliche Personengruppen Seminare und Trainings rund um soziale Kompetenz: für Führungskräfte im Wissensmanagement, als Teil der Personalentwicklung von Nachwuchsführungskräften und NachwuchswissenschaftlerInnen, für Studierende aller Fachrichtungen an der Universität Linz sowie für FachhochschulstudentInnen in Hagenberg mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung: Verhandlungsführung, Teamkompetenz, Führung, Gesprächsführung, emotionale Intelligenz, interkulturelle Kompetenz.
Weiterführende Literatur
Soziale Kompetenz im Beruf - Eine Analyse der Arbeitnehmerperspektive (Dietz, Jeannette). Projektbericht. Institut für Pädagogik und Psychologie, Abteilung für Sozial- und Wirtschaftspsychologie, Universität Linz, 2002.
Wissenschaftliche Grundlagen sozialer Kompetenz: Soziale Kompetenz als "kritische" berufliche Anforderung. Gastvortrag auf der Tagung des Sozialkompetenzzentrums des Päd. Institutes des Bundes, 1. April 2003, Puchberg/Wels (Österreich). Ausführliche Zusammenfassung erschienen im Tagungsband, Sozialkompetenzzentrum am Pädagogischen Institut des Bundes, Linz/Östereich.
Interessante Bücher zu Aspekten sozialer Kompetenz im Berufsleben
Im Folgenden eine zum Teil kommentierte Auswahl interessanter Bücher zu verschiedenen Aspekten sozialer Kompetenz:
Zum wissenschaftlichen Konzept sozialer Kompetenz
Seyfried, B. (1993). "Stolperstein" Sozialkompetenz. Bielefeld: Bertelsmann.
Riggio, R.E. (1986). Assessment of basic social skills. Journal of Personality and Social Psychology 51 (3), 649-660.
Mimik und Körpersprache
Fast, J. (1996). Körpersprache. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag.
Ein schmales Taschenbüchlein mit 180 Seiten, dass Körpersprache auf einer wissenschaftlichen Ebene behandelt, trotzdem sehr gut lesbar ist. Einige der beschriebenen Experimente können auch im Alltag nachgemacht werden.
Landau, T. (1993). Von Angesicht zu Angesicht. Was Gesichter verraten und was sie verbergen. Heidelberg, Berlin, Oxford: Spektrum Akademischer Verlag.
Wer sich speziell für Fragen der Mimik interessiert. Das Buch ist mit vielen Fotos aufbereitet.
Hall, E. T. (1973). The Silent Language. New York: Anchor.
Analyse der non-verbalen Kommunikation in verschiedenen Kulturen, vor allem in ihrem unterschiedlichem Umgang mit Raum und Zeit. An Beispielen wird gezeigt, wie non-verbale Kommunikation die interkulturelle Kommunikaiton beeinflusst.
Kommunikationspsychologie
Schulz von Thun, F. (1981). Miteinander Reden 1. Störungen und Klärungen. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag.
Schulz von Thun, F. (1989). Miteinander Reden 2. Stile, Werte und Persönlichkeitsentwicklung. Rowohlt Taschenbuch Verlag.
Schulz von Thun, F. (1998). Miteinander Reden 3. Das ‚innere Team’ und situationsgerechte Kommunikation. Rowohlt Taschenbuch Verlag.
Es wird ein Kommunikationsmodell vorgestellt, das versucht, verschiedene Erkenntnisse der Kommunikationspsychologie (Watzlawick, Rogers, Perls, Adler, Cohn) „unter einen Hut zu bringen“. Das Ergebnis ist das bekannte Modell von den vier Seiten einer Nachricht (Inhalt, Beziehung, Appell, Selbstoffenbarung).